Artikel aus der »Märkische Allgemeine«
Blick in die Großküche
Pritzwalker kochen im ganz großen Stil
Wenn das Mittagessen täglich für Tausende Menschen gekocht wird, müssen die Abläufe in einer Großküche straff durchorganisiert sein. Nur so kann garantiert werden, dass das Essen tatsächlich bis zur Mittagszeit ausgeliefert ist. Die MAZ hat geschaut, wie in „Jonny’s gute Küche“ in Pritzwalk gewirbelt wird – ab 5 Uhr morgens.
Ruck, zuck füllen die Frauen die Assietten: mit Buletten, Kartoffeln und Kraut. Bis zu 1000 Mahlzeiten am Tag werden in „Jonny’s gute Küche“ in Pritzwalk verpackt.Quelle: Beate VogelPritzwalk. Wenn viele noch tief und fest schlafen, herrscht in den Großküchen der Region längst hektische Betriebsamkeit: Bei „Jonny’s gute Küche“ in Pritzwalk wird ab 5 Uhr morgens im Akkord gekocht. Bis 7.30 Uhr müssen die Gerichte fertig sein, wenig später werden sie in die Menü-Schalen gefüllt. Rund 1000 Essen täglich, gut 5000 Portionen in der Woche. Inhaber Reiner Jonson bleibt gelassen. Er kocht seit 1973. Sechs Gerichte stehen täglich auf dem Speiseplan von „Jonny’s gute Küche“. Heute gibt es Hähnchenleber mit Apfel-Zwiebelgemüse, Frikadelle auf Weißkohl, Wurstgulasch mit Nudeln oder Kartoffeln, Käse-Lauch-Suppe mit Hackfleisch, Kartoffelsalat mit Fischfilet und einen Fitnessteller. Da die Übersicht zu behalten, ist nicht einfach. Chefkoch Manuel Kuhn bereitet den Wurstgulasch zu, Kollege und Firmennachfolger Daniel Jonson brät die Leber. In den riesigen Kesseln blubbert die Käsesuppe, daneben die Kartoffeln. Dampfwolken wabern durch die Küche. Je 70 Liter fassen die beiden Kippbratpfannen, je 150 Liter gehen in die Kessel. Gegenüber kochen bereits Nudeln im 30-Liter-Topf, die Daniel Jonson mit dem einen Meter langen Rührholz durchrührt. Über den Köpfen rauscht der Abzug. „Bis Mittag sind Geräte und Kollegen voll ausgelastet“, witzeln die zwei.
Am Computer zeigt Firmeninhaber Reiner Jonson, wie viele Portionen für heute bestellt sind: „Hier zum Beispiel: zweimal die Frikadelle, dreimal Wurstgulasch, davon einer mit Kartoffeln und zwei mit Nudeln.“ Zu den mehr als 1000 Außer-Haus-Essen kommen täglich etwa 150 Portionen hinzu, die in der Kantine im Meyenburger Tor verspeist werden. Immer mittwochs bekommen die Kunden – es sind Privatpersonen, Mitarbeiter von Arztpraxen, Betrieben, einer Krankenpflege, die Mosaikschule in Wittstock oder die Kita in Kemnitz – den Speiseplan für die folgende Woche mit.
In der Frühstücksküche nebenan bereitet Karola Malorny belegte Brötchen zu, die morgens über den Tresen gehen. Eiersalat und Hackepeter sind ebenso wie die frischen Salate selbst gemacht. „Überhaupt ist vieles Handarbeit“, sagt der 58-jährige Firmenchef. Die Schnitzel werden eigenhändig geschnitten und paniert. „Manchmal rollen wir an einem Tag bis zu 1400 Klopse“, erzählt Manuel Kuhn. Auch Buletten und Hackbraten sind selbst gemacht. „Und das ist preiswerter als wenn man Fertigprodukte verwendet“, weiß Reiner Jonson. Sogar beim Frikassee setzt er auf gute, alte Handarbeit.
„Mein Hobby ist mein Beruf geworden“, sagt der Küchenchef
Reiner Jonson liebt seinen Job und kann sich etwas anderes auch gar nicht vorstellen. „Mein Hobby ist mein Beruf geworden.“ Von 1973 bis 1980 arbeitete er in der Großküche des einstigen Nähmaschinenwerkes Veritas in Wittenberge: „4000 Essen gingen da täglich raus. Wir haben ja auch Schulen beliefert.“ Die folgenden zehn Jahre arbeitete Reiner Jonson für die LPG-Küche in Pritzwalk – es ist die gleiche, die heute seine Firma ist. Die hat er 1991 mit seiner Frau Birgit gegründet. „Wir haben mal mit 300 Essen am Tag angefangen“, erinnert sich die Frau. Die Steigerung liege wohl daran, dass „viel Hausmannskost“ angeboten wird.
Unterdessen stapeln die Kollegen in der Essenausgabe die silbernen Assietten auf die Tische, daneben Wärmebehälter aus Styropor. Die Edelstahltische sind mollig warm. Die beiden Köche füllen schon mal die Wärmewagen mit Kartoffeln und Nudeln. „Hier geht es gleich richtig los“, sagt Reiner Jonson, „1000 Essen werden eingefüllt und verpackt“. Doch erst einmal ist Frühstückspause, um halb acht, ein kurzer Moment der Stille: kein Töpfeklappern, kein Rauschen von Geschirrspüler und Dunstabzug.
Daniel Jonson (hinten) und Manuel Kuhn kochen im großen Stil.Quelle: Beate VogelDann geht es los. Zack, zack füllen die vier Kolleginnen das Essen ein: Kartoffeln, Hähnchenleber, Apfel-Zwiebelgemüse. Dann wechseln sie zu Wurstgulasch, erst mit Kartoffeln, dann mit Nudeln. Manuel Kuhn presst im Akkord die Deckel auf die Menüschalen, stapelt sie immer zu neun Stück. „An der Nummer auf dem Deckel sieht man, welches Essen drin ist“, erklärt er. Bei den Nudeln muss er mit Filzstift noch ein Zeichen auf den Deckel machen. Immer, wenn etwas alle ist, rufen die Frauen zu den Köchen herüber: „Buletten!“ oder „Suppe!“ Bis 10 Uhr haben sie damit zu tun. Parallel werden die bestellten Essen pro Kunde in die Styroporbehälter gepackt und in den Gang zum Hof gestapelt. Dort holen die Fahrer sie ab. „Wir haben zehn verschiedene Touren – nach Kyritz, Perleberg, Wittstock, Falkenhagen und natürlich Pritzwalk“, sagt der Chef. Jeder Koch ist auch ein bisschen Logistiker. Um kurz vor 9 Uhr starten die ersten Fahrer. Spätestens bis 12 Uhr hat jeder Kunde sein Essen.
Seine Produkte bezieht Jonson über den Großhandel, Transgourmet in Berlin und Schaper. Kartoffeln und Gemüse kommen aus Putlitz. Oft nutzt er Angebote. Nur so sei sein Preis von drei Euro pro Essen zu halten. Und die 14 Beschäftigten bekommen alle mindestens den Mindestlohn. Der Job ist hart. Die Mitarbeiter müssen früh aufstehen, arbeiten körperlich schwer und zum Beispiel beim Portionieren im Akkord. „Klar ist es schwierig, wenn die Frauen mal die großen Kessel reinigen müssen, die sind immerhin 1,20 Meter tief“, sagt Daniel Jonson. Die Arbeitszeit stört Manuel Kuhn nicht: „Wir müssen zwar früh raus, haben aber auch schon früh Feierabend. Da hat man noch was vom Tag.“
Während die Kolleginnen an den Wärmetischen noch Menüs verpacken, beginnt Daniel Jonson schon damit, die Schweinerouladen für den nächsten Tag vorzubereiten. Zwei Räume weiter schneidet Vater Reiner Sülze, die für den Folgetag auf dem Speiseplan steht. Ganz oft kommen Bestellungen dazu, etwa für Feiern.
Von Beate Vogel